Es gibt zwei Möglichkeiten, die Lust auf eine Zigarette loszuwerden: entweder Du rauchst eine oder Du rauchst keine.

Dieser Artikel richtet sich an die Raucher, die alles versucht haben, um mit dem Rauchen aufzuhören und die dabei sind, diese Absicht aufzugeben. Er richtet sich an Raucher, die schon lange eindeutig süchtig rauchen: unter Stress, wenn sie glücklich sind, wenn sie krank sind, von morgens an, wenn sie eigentlich Hunger haben, wenn sie gegessen haben, wenn sie traurig sind, wenn sie Angst haben, beim Telefonieren und in Gesellschaft besonders viel; oft wider besseren Wissens viel zuviel, mehr als der Körper tolerieren kann. Er richtet sich an Raucher, die denken, dass sie nicht die Freiheit haben zu entscheiden, ob sie rauchen wollen oder nicht;  an diejenigen, die denken, dass sie es tun müssen; an Raucher, die die Zigarettenzahl pro Tag über kurze Phasen reduzieren können, beim nächsten Stress die Kontrolle über die begrenzte Tagesration aber wieder verlieren.

Ich spreche von süchtigen Rauchern, die um ihre Süchtigkeit wissen.

Von allen anderen Raucher/Suchttypen wird hier nicht die Rede sein.

Auf meinem YouTube Kanal findest du viele weiterführende Videos zu den Themen Toxische Beziehung, Geliebte sein und Hochsensibilität.

Sucht fängt mit Schmerz an und hört mit Schmerz auf

Das ist ein Teil der simplen Wahrheit über Sucht.

Sucht ist nichts anderes, als das zwanghafte Ausschalten von schmerzhaften Gefühlen mithilfe einer bestimmten Verhaltensweise oder der Einnahme einer euphorisierenden oder betäubenden Substanz.

Zigarettenrauch enthält den Wirkstoff Nikotin; eine Substanz die eine ähnliche Wirkung hat wie Heroin und Kokain.

Einer der Hauptunterschiede liegt in dem Grad des Suchtpotentials: Nikotin hat ein höheres Suchtpotential als Heroin und Kokain; damit ist klar, dass der Grossteil der Raucher schwerstabhängig ist. Kein Wunder also, dass die sogenannten Tips zum „Aufhören“ nicht den Hauch einer Chance haben, dem Raucher beim Nüchternwerden zu helfen.

Nikotin aktiviert im Gehirn das sogenannte Belohnungszentrum. Hier wird der Neurotransmitter Dopamin ausgeschüttet, eine Substanz, die man auch unter dem Namen Glückshormon kennt. Schon nach wenigen Zügen stellt sich das Gefühl einer Entspannung und Befriedigung ein. Und diese Empfindungen sind die, nach denen der Raucher süchtig ist.

Ich selber habe über zwei Jahrzehnte geraucht, ohne die geringste Chance, eine Abstinenz lange durchhalten zu können. Versucht habe ich es ca. alle drei Jahre. Und ich habe die ganze Zeit weder wirklich begriffen, warum das Aufhören/Durchhalten so schwer war, noch habe ich gewusst, warum ich eigentlich rauche und welche Empfindungen und Inhalte ich damit verdränge. Heute weiss ich warum: weil Nikotin durch seine Wirkung höchst effizient beim Verdrängen hilft.

Und das bedeutet, dass ich unter Einwirkung von Nikotin die verdrängten Inhalte nicht wahrnehmen kann. Also kriegte ich auch nicht raus, warum ich rauchte.

Man kann also, solange man raucht, meistens nicht sehen, warum man raucht. Und auch nicht, was man damit verdrängt und versucht „loszuwerden“. Klar ist jedoch: je süchtiger die Sucht, desto grösser ist das unbewusste Bestreben, Inhalte/Gefühle nicht wahrnehmen zu wollen. Und sicher ist auch, dass es Inhalte und Gefühle sind, die wir als schmerzhaft empfinden. Deshalb hört Sucht auch mit Schmerz auf. Entweder, weil man daran stirbt, oder weil man sich den verdrängten Inhalten stellen muss. Tut manchmal weh, so what.

Wenn man nun das Nikotin „aus dem Leib“ lässt, beginnt zunächst der körperliche Entzug. Nach ein paar Tagen lassen die dazugehörigen Symptome nach und dann: beginnt sich zu zeigen, was man mithilfe des Nikotins betäubt hat!

Die schmerzlichen Inhalte melden sich mit schlechter Laune, Depression, gedanklichem Negativismus und den dazugehörigen Gefühlen. Und genau ab hier, wo sich zeigen darf, was unter der Oberfläche war; wo anerkannt wird, was abgelehnt wurde, beginnt die Heilung – von den schmerzlichen Gefühlen und von dem Suchtstoff. Wenn man nicht gleich wieder rückfällig wird.

Und das ist das Problem: wir denken, wir könnten diese Gefühle und Stimmungen nicht aushalten. Können wir aber.

Gibt es also doch einen Weg mit dem Rauchen aufzuhören?

Ja.

Dafür muss man seinen Willen benutzen, und zwar in erster Linie für das Vorhaben, sich selbst auszuhalten. Man muss nüchtern werden wollen, und die Bereitschaft haben, sich selbst kennenlernen zu wollen. Erst wenn das geklärt ist, ist es sinnvoll den Willen auf die Rauchentwöhnung zu richten.

Natürlich bemerkt man erst in einer gewissen Nüchternheit erst, wie sehr die unterdrückten Gefühle unbemerkt alle Lebensbereiche mitgestaltet haben.

Mithilfe von Achtsamkeitsübungen, Hingabe und Präsenz können die unangenehmen und schmerzlichen Inhalte wahrgenommen und anerkannt werden und somit heilen.

Erst in dieser Phase des Entzugs kann man sehen, wie sehr die unterdrückten Gefühle unbemerkt alle Lebensbereiche mitgestaltet haben.

Ich selbst habe erst dauerhaft aufhören können zu rauchen, als ich die Bereitschaft hatte, mir selbst schonungslos die Wahrheit zu sagen – über mich und meine Inhalte. Das war viel leichter, wie ich heute weiss, als weiter meine Ängste und Schuldgefühle zu unterdrücken und die stärkerwerdende Angst davor, vom Rauchen ernsthaft krank zu werden, unter Kontrolle zu halten.

Der achtsame und respektvolle Umgang mit aufkommenden Gefühlen ist der Schlüssel zur Heilung einer Sucht.

Das Vorhaben heißt also von nun an nicht mehr einfach: Ich muss/will mit dem Rauchen aufhören. Sondern: Ich will mich selbst aushalten können.

Besser: Ich kann mich selbst aushalten.

Das kannst Du hier und jetzt so festlegen.

Ich kann jedem versichern, der bis hier gelesen hat: da kommt nichts, was man nicht aushalten kann. Es gibt Tage, da ist es anstrengend und schwer. Da ist das Genöle im Kopf wirklich ätzend. Aber diese Tage oder Stunden gehen alle vorbei. Und zwar zuverlässig IMMER. Auch bei Dir. Versprochen.

Habe Du den längeren Atem.

So banal das alles klingt; genau das kann einem den nächsten Rückfall ersparen. Es waren genau diese unspektakulären Erkenntnisse, die mir geholfen haben, den inneren Entzugs-Terror durchzustehen, und auch oft für den Tag zu beenden:  „Es geht vorbei. Ich kann das aushalten. Ich sitze das aus; irgendwann hört der Terror auf.“

Also: sei mutig und lege fest: Ich kann mich selbst aushalten. Auch, wenn innerer Sturm bläst – der hört auch wieder auf. Ich werde die schlechteste Laune ohne Kippen packen. Ich höre ab sofort mit dem Gejammer auf – „ich kann nicht“ wird gestrichen. Wenn alle Stricke reissen, geh ich zum Psychiater oder zum Guru, oder mache etwas anderes, was mir vielleicht stinkt, aber ich lasse mich nicht mehr von der Sucht dominieren.  Und sollte ich jemals nochmal umkippen und wieder rauchen, dann …..? Na dann mach ich es nochmal. Und nochmal. Und zur Not nochmal. Solange bis es funktioniert.

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Foto und Beitragsbild:

john krempl / photocase.de

2 Antworten

  1. Genau das habe ich auch getan! Mich selber ausgehalten!
    Es entspricht einer wahren Transformation!
    Letztendlich kam ich selber zum Vorschein.
    Mit allem: meiner Wut, meiner Trauer, meinem Kummer, meinen Schuldgefühlen.
    Mit meinem unterdrückten Potential. Der Angst und der Enge.
    Es kam aber auch etwas anderes zum Vorschein: Mein Licht und meine große Liebe.
    Die kann ich jetzt leben. Weil ich zu mir stehe, so wie ich bin!

  2. Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel. Ja, um mit dem Rauchen aufzuhören, bedarf es eines starken Willens und einer guten Motivation. Ich bin seit über 20 Jahren Urologe und zu mir in die Praxis kommen viele Männer die Rauchen, und ganz erstaunt sind wenn ich ihnen erkläre, dass Nikotin eine Ursache ihrer Erektionsstörungen sein kann. Krankheiten wie Krebs, Bluthochdruck sind meist weit weg, aber wenn es im Bett nicht mehr klappt, besteht eine ganz andere Motivation um mit dem Rauchen aufzuhören.

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