Der Schlüssel für alles: Ehrlichkeit zu sich selbst

Wer nach aussen schaut, träumt. Wer nach innen schaut, erwacht.

Carl Gustav Jung

Aber was bedeutet das genau?

Ich war Anfang 30, als ich in einem Augenblick der Ruhe und Stille eine Entdeckung machte. Mein Leben lief. Ich hatte studiert, geheiratet und ein Kind bekommen. Alles war gut. Ich war mit einem ausgesprochen liebevollen, fürsorglichen Mann zusammen. Unser Sohn war ein zufriedener, kleiner Junge, wir hatten einen verlässlichen Freundeskreis, und uns. Wir waren nicht reich, aber es mangelte an nichts.

In diesem besagten Augenblick aber bemerkte ich eine Traurigkeit. Es war eine Melancholie, eine Sehnsucht, nach etwas, das ich nicht hätte benennen können. Es war im weitesten Sinn ein Gefühl des Mangels; irgendetwas schien zu fehlen.

Schnell versuchte ich diese Empfindung, die ich als etwas was da nicht hingehörte empfand, mit beruhigenden Gedanken „wegzukriegen“.

„Ich hab doch alles….bin jung, hab noch ganz viel vor mir, bin doch glücklich mit meinem Mann und meiner kleinen Familie…..“ Ich spürte in mich hinein; das Gefühl blieb. Dann versuchte ich in meinen Gedanken etwas zu finden, auf das ich mich wirklich freute und wurde fündig. „Bald würden wir segeln gehen mit unseren Freunden….danach geht’s in die Sommerferien nach Frankreich.“ Eine kleine Welle der Freude durchzog mich und – da war es wieder. Und blieb.

Ab dem Tag wusste ich, dass es da war. Und auch vorher irgendwie immer dagewesen war. Unter allem drunter. Ein Unterstrom von Unbehagen, leise spürbar, wenn man wollte. Ich kannte es auch; es war mir nicht ganz neu. Neu war die Deutlichkeit mit der es sich gezeigt hatte. Es war die Art Deutlichkeit, die einen wissen lässt, dass man es nie wieder ganz verdrängen können wird.

Auf meinem YouTube Kanal findest du viele weiterführende Videos zu den Themen Toxische Beziehung, Geliebte sein und Hochsensibilität.

Es war eine Art Unwohlsein, die ich zu fast jeder Zeit sofort hätte aufrufen können, hätte ich mich meinem Inneren zugewandt. Das hatte ich auch schon getan oder gedacht, ich hätte das getan. Aber noch bevor sich das Unwohlsein mit seiner Eindringlichkeit hätte zeigen können, rauchte ich eine Zigarette, telefonierte, ärgerte mich vielleicht über etwas oder schaute fern.

Mein Alltagsbewusstsein mit seinen vielen Aktivitäten, Gedanken und Gefühlen schien mich davor zu „bewahren“, mich selbst in dieser Tiefe wahrnehmen zu können.

In dem Augenblick, in dem sich das Unwohlsein in seiner Durchdringlichkeit und Tiefe gezeigt hatte; in diesem Augenblick war ich vielleicht das erste Mal in meinem Leben total ehrlich zu mir selbst. Versehentlich zwar, aber da war sie: echte Aufrichtigkeit.

Ich habe zum ersten Mal klar gesehen, wie es mir wirklich ging.

Ich kannte Schmerz und seelisches Leiden. Und auch das Gefühl glücklich zu sein. Aber ich hatte nie „drunter“ geschaut. Diese starken Emotionen, die ich oft hatte, verhinderten, dass ich die Notwenigkeit sah, mir selbst noch genauer nachzuspüren („ich fühl mich doch…nehme mich doch wahr, was soll denn da noch sein?“). Zudem waren die Emotionen zu grob und oft so stark, so dass ich dieses leise Mangelgefühl in meinem Inneren nicht richtig hätte wahrnehmen können.

In diesem besagten Augenblick aber, hatte ich mich relativ ruhig und ausgeglichen gefühlt. Diesen Moment der schwachen Abwehr gegen mein eigenes Inneres „nutzte“ das Mangelgefühl und machte auf sich aufmerksam. Offenbar brauchte ich Aufregung in alle Richtungen, Freude, Ärger, Lust, Aufgedrehtheit, Lautsein, Leute, gute Nachrichten, schlechte Nachrichten, spannende Filme, Frustration, Liebeskummer, Verliebtsein, Streit, totale Symbiose, Lästern, Gruppengefühl im Freundeskreis – um mein Inneres nicht fühlen zu müssen.

Also lebte ich in einer Aussengerichtetheit und machte mein Wohlbefinden von äusseren Reizen abhängig.

Dass Glück von innen kommt hatte ich schon oft gehört und habe auch an entsprechender Stelle zugestimmt, aber ich verstand nichts davon. Nicht mal das wusste ich.

Die meisten von uns leben zunächst viele Jahre in genau dieser Aussengerichtetheit. Wir versuchen unser „Glück“ durch die Wahl des richtigen Job, des richtigen Partners, des richtigen Umfelds, des richtigen Aussehens, der richtigen Meinung, der richtigen Haltung, des richtigen dies und des richtigen jenes zu finden und merken nicht, dass wir uns ständig an beweglichen Teilen festhalten.

Zu dieser ganzen Aussengerichtetheit gehört auch eine Art Aussenfassade meiner selbst: das ist das Bild von mir, das ich nach aussen trage. Gerne spielen wir jemanden, der klarkommt. Es ist eine Art Idealbild von uns selbst. Es ist eine Identität, ein Bild von dem, wie wir gerne gesehen werden wollen.

Und dann gibt es ein „Ich“ dahinter: oft unsicher, fragil; eines, das sich fragt, ob das peinlich war, was man da eben gesagt hat; eines, das Angst hat, abgelehnt und ausgeschlossen zu werden; eines, das Anerkennung und Liebe sucht und Angst hat, nicht gut genug zu sein.

Aber das ist nicht alles: in den tieferen Schichten finden wir hier unser wirkliches Ich, unser wahres Selbst, nach dem wir uns so sehnen. Aber das ist zunächst vergraben unter unserer menschlichen Konditionierung, unseren Erfahrungen, Verletzungen, Denk-und Emotionalmustern, unserer Angst; dem Bild, das uns andere von uns vermitteln. Es ist vergraben unter dem Dauergeschwätz im Verstand und unter unserer Sucht nach starken Gefühlen.

Hier ist die Einstiegsluke zu unserem Unbewussten.

Die meisten Menschen bewegen sich lange Zeit in ihrem Fassaden-Ich. Sie glauben sich selbst das Bild, das sie von sich nach aussen projizieren. Auch das Denken läuft überwiegend unbewusst, mechanisch, nach den immer gleichen Denkgewohnheiten und völlig unbeobachtet und unhinterfragt. Zu den wirklichen Gefühlen in dem „Ich“ hinter der Fassade besteht kein Kontakt.

Was bedeutet es nun, ehrlich zu sich selbst zu sein?

Hätte man mich in jüngeren Jahren gefragt, ob ich ehrlich mit mir selbst bin, hätte ich geschworen: JA! Da war ich mir ganz sicher. Ich dachte, dass ich mich genügend selbst „mitkriege“ und, dass das Unbewusste eine Region in mir ist, die vielleicht irgendeine Rolle spielt. Dass dieser Teil von mir mit seinen enthaltenen Verletzungen, Lernerfahrungen und gespeicherten Emotionen, eigentlich zu 90% mein Leben bestimmte, das war mir nicht wirklich klar. Theoretisch; abstrakt schon, aber die Anwendung in den Alltag fehlte. Und ich hätte geschworen, dass ich mein Unbewusstes zu grossen Teilen kenne, dh. ich hielt mein Unbewusstes für ein nur noch kleines Areal unbekannter Inhalte; ein bisschen Kleinkram, um den ich mich später kümmern würde, wenn ich mal Zeit dazu hätte.

Das war einer der grössten Irrtümer meines Lebens.

Wie man die Inhalte des Unbewussten bewusst macht und damit ausheilt, das wusste ich demzufolge nicht und machte mir auch vorsichtshalber erstmal keine weiteren Gedanken darüber. Ich dachte, das würde schon irgendwann irgendwie passieren, brachte meine Blickrichtung, die mehr nach aussen ging und mein Mass an Ehrlichkeit nicht weiter damit in Verbindung. Ich war ehrlich genug, fand ich.

In gewisser Weise stimmte das auch, denn jeder ist so ehrlich, wie er sein kann. Aber, wenn man sich weiter entwickeln will oder muss, braucht man einfach mehr davon.

Es bedeutet näher dran zu gehen. Es bedeutet einen Augenblick länger als gewohnt in sich hinein zu spüren und zu bemerken, dass unter den gewohnten Alltagsgefühlen noch andere verborgen liegen.

So kann es sein, dass man beschwingt von einer Party kommt und beim genauer in sich hineinspüren bemerkt, dass sich ein Unwohlsein hinter der Freude über den schönen Abend verbirgt. Bei näherem Hinsehen bemerkt man, dass es ein kleines Gefühl des Schuldseins ist, weil man den ganzen Abend das Gespräch mit einer alten Freundin gemieden hat. Oder ein Unbehagen, weil am Tisch jemand gesessen hat, der nicht über meinen Witz gelacht und meine Unsicherheit bemerkt hat.

Es geht darum, sich die Wahrheit zu sagen.

Es geht darum sich selbst nicht mehr jeden Gedanken unhinterfragt als Wahrheit zu glauben, sondern bewusst zu sehen, was man da eigentlich den ganzen Tag denkt und infolge fühlt. Hier entsteht immerhin, das, was wir erleben; hier generieren wir unsere Realität!

Mancher hat mir an dieser Stelle schon gesagt: Aber ich weiss, was ich denke und fühle. Vordergründig vielleicht. Aber welche Gedanken und Gefühle liegen dahinter; welches Bild von mir selbst habe ich wirklich?

Es geht darum, sich nicht mehr mit den immer gleichen Erklärungen, die man sich ausgedacht hat zufrieden zu geben. Man kann mit der Hinterfragung aufhören bei: Ich komme nicht von ihm los, ich liebe ihn halt; für seine Gefühle kann man ja nichts.

Man kann aber auch weiterfragen: woran kann ich erkennen, dass ich ihn liebe, wie fühlt sich das an? Was sehe ich in ihm, was habe ich mir von ihm erhofft? Hat er mir das geben können, oder habe ich in der Hoffnung gelebt, dass er mir das vielleicht irgendwann geben könnte? Was wäre, wenn ich das Ganze aufgeben würde? Was fürchte ich? Warum fehlt mir etwas, was ich in jemandem suche, der es auch nicht hat?…..

Man kann innehalten und bemerken, wie man die Mantras der Selbstverurteilung gebetsmühlenartig wiederholt; dass man viel zu dick geworden ist, und dass man bestimmt in dem Alter keinen Partner mehr finden wird und dass man eigentlich immer schon zu klein war und mit einem schöneren Busen bestimmt glücklicher geworden wäre.

Wenn man erkennt, dass man sich die Realität mit dem giftigen Mindfuck manifestiert, ist das Erkennen selbst der Anfang vom Ende.

Es geht darum sich die Wahrheit zu sagen, Schicht für Schicht, solange, wie es braucht. Es geht darum zu erkennen, wie ich mich wirklich selber sehe.

Wenn man es so nicht herausbekommt, wird spätestens meine nächste Beziehung zeigen, wie ich gelernt habe mit mir selber umzugehen.

Die Kluft zwischen meinem Aussen-Ich und meinen wirklichen Gefühlen zeigt sich im Leben durch widersprüchliche Ergebnisse und lose Enden.

„Ich bin doch so ein positiver Mensch, warum gerate ich immer an Männer, die mich nicht richtig behandeln. Ich tue doch meine Arbeit, strenge mich enorm an und mache selten Fehler, warum wird die faulere Kollegin befördert? Warum liebt der Mann mich nicht; ich gebe ihm doch alles, was will er denn noch mehr?“

Mit den losen Enden in der Hand und einem Denken und Fühlen, das man nicht richtig kennt, beginnt der Versuch die Dinge zu erklären: Ich bin so positiv und gerate immer an Männer, die mich nicht richtig behandeln, weil – alle Männer schlecht sind. Oder, weil Männer Angst vor ihren Gefühlen haben. Dass sie Angst vor meinen Gefühlen haben könnten, darauf kann ich zu diesem Zeitpunk noch nicht kommen. Dass ich Angst vor meinen Gefühlen habe, in mir selbst kaum Halt habe – auch das werde ich hier noch nicht merken. Auch nicht, dass Partner sowas merken.

So wird im Aussen interpretiert und erklärt und das ganze Denksystem und die Grundlage für das schmerzvolle Erleben weiter aufgebaut und zementiert. Die losen Enden werden mit bequemen Erklärungsmodellen zusammengeknotet und schon hat man wieder das Gefühl, dass man „die Sache im Griff hat“. Bis zum nächsten Griff ins Klo.

Um diesen Kreislauf zu durchbrechen und um aus diesen Erfahrungszyklen herauszukommen, muss ich meine Aufmerksamkeit nach innen lenken; immer wieder und bei mir bleiben. Dann kommt man zu stimmigen Ergebnissen, bei dem Versuch, die Situation, in der man ist, zu erklären. Meditation ist hierbei eines der wichtigsten bekannten Werkzeuge.

Erst, wenn also die Schichten des wirklichen Fühlens gesehen, durchgeschwitzt, erfahren, erlitten und angenommen worden sind, öffnet sich die Tür zum wahren Selbst mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten.

Wenn man also das eigene Aussen-Ich beginnt zu hinterfragen und zu hinterfühlen; wenn man der Bequemlichkeit des Fassadendaseins entsagt und den Blick tiefer nach innen richtet, betritt man den Raum zur psychologisch/emotionalen Heilung und zugleich den Weg zu dem, wonach man sich immer gesehnt hat. Die Kluft zwischen dem Aussen-Ich und dem wirklichen Selbst wird kleiner und verschwindet schließlich ganz. Das, was dabei herauskommt sind Authentizität, Wohlbefinden und der Zugang zum eigenen Schöpferpotential!

Foto:

regulus56 / photocase.de

emanoo / photocase.de

matlen / photocase.de

Beitragsbild:

regulus56 / photocase.de

Vielleicht interessiert dich auch:

Tanja Grundmann

Brauchst du weiterführenden Rat?
Möchtest du deine Beziehung lebendiger gestalten oder die Kommunikation mit deinem Partner verbessern? Oder ist deine Beziehung in einer Krise und du weißt nicht, ob die Liebe reift oder endet? Bist du in einer Lebensphase, in der du dich wie in der dunklen Nacht der Seele fühlst? Stehst du vor existenziellen, spirituellen und philosophischen Fragen? Suchst du deinen Pfad und deine Aufgabe im Leben? Oder läßt dich die Suche nach der absoluten Wahrheit nicht los?

Mit mehr als 39.000 Beratungsgesprächen, meinem umfassenden Hintergrundwissen, sowie meinem hohen Empathievermögen kann ich deine Lage genau erfassen und mit dir ganz individuelle Lösungsansätze abstimmen. Wenn du jemanden brauchst, der genau versteht, wovon du sprichst, melde dich gerne!
Du kannst das Kontaktformular dafür nutzen, oder mir eine WhatsApp/SMS auf meine Mobilnummer: +49 151 2757 1004 schicken. Da ich ausschließlich am Telefon berate, ist es egal, wo du wohnst. Die weiteren Beratungsmodalitäten- und Themen findest du unter Beratung&Infos.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Telefonische Beratung

Seit 28 Jahren berate ich Menschen in allen Beziehungsfragen. Ich helfe in großen und kleinen Lebenskrisen und habe manchen durch die dunkle Nacht der Seele begleitet.
Einen Themenschwerpunkt in meinen Beratungen stellen die toxischen Beziehungen dar: mit einer von mir entwickelten Vorgehensweise habe ich vielen Menschen helfen können, in ihre eigene Kraft zurückzufinden und eine toxische Beziehung verlassen zu können.

Wenn du einen Beratungstermin vereinbaren möchtest, erreichst mich über das Kontaktformular oder unter:

+49 1512 7571004
mail@beziehung-in-balance.de

Kategorien

Neu! Tanjas neues Buch ist jetzt erhältlich:

Einseitiger Beziehungswunsch - Wenn Männer nicht verbindlich werden

Beziehungsratgeber für Affäre, Liebeskummer, heimliche Liebe, Verlustangst, Dreiecksbeziehung & Toxische Liebe

Millionen Frauen stecken in einer Affäre mit einem Mann fest, der sie am langen Arm verhungern lässt. Die Frau wünscht sich eine echte Beziehung, doch der Mann weicht aus, bleibt unverbindlich, zieht sich zurück …

Alle Hintergründe im Buch! Es wird dir dabei helfen, endlich aus der emotionalen Abwärtsspirale auszubrechen oder der Affäre eine gute Wendung zu geben!